Felizienthal-Forschung

Karlsdorf

Das Dorf wurde 1838 von deutschen Siedlern aus Böhmen gegründet und erhielt seinen Namen nach dem Gutsbesitzer Karl von Seiff oder dessen Sohn Karl.
Karlsdorf wurde früher auch als „untere Kolonie“ genannt. Felizienthal und Annaberg waren die „obere Kolonie“.
Das spätere Gründungsjahr von Karlsdorf -Felizienthal und Annaberg 1835- erklärt sich in der Tatsache, dass der Zustrom von Siedlern aus Böhmen noch anhielt. So musste nach Felizienthal und Annaberg die dritte Siedlung Karlsdorf gegründet werden. Karlsdorf gehörte zum röm.-kath. Pfarrbezirk Felizienthal.


Das Dorf lag am Stryj-Fluss nahe der ungarischen Grenze. Da die Karlsdorfer 2 ½ Stunden Fußweg zu der Felizienthaler Kirche hatten, bauten sie eine hölzerne Kapelle, das Mariahilfkirchlein. Für die ältere Leute war das eine große Erleichterung, denn sie konnten den weiten Weg nach Felizienthal nicht gehen, aber auch für die schwer arbeitende Bevölkerung war neben der notwendigen Sonntagsarbeit der lange Hin- und Rückweg nicht zumutbar.
In der Kapelle, ringsherum war der Friedhof, wurden sonntags vormittags Gebetsstunden abgehalten, in der Fastenzeit an Sonntagen und Freitagen nachmittags eine Kreuzwegandacht; im Mai abends eine Maiandacht. Dies machten die Gläubigen in eigener Regie, denn sie hatten ja keinen Priester. Einmal im Monat kam der Pfarrer aus Felizienthal und feierte am Sonntag die Heilige Messe und nahm davor Beichte ab.
In der Fastenzeit kam der Pfarrer zweimal zum Beichte hören.
Kirchweih feierten die Karlsdorfer am 2. Juli, Mariä Heimsuchung, und am gleichen Tag war auch Erstkommunionsfest. Zur Kirchweih kamen auch Prozessionen aus Felizienthal, Smorze und Annaberg.
Auch zu Hochzeiten und Taufen kam der Pfarrer von Felizienthal nach Karlsdorf. Das war aber nicht immer so. Der Felizienthaler Pfarrer ließ sich oft bitten oder gar übermäßig gut bezahlen.
Es wurde fast ausschließlich dienstags geheiratet. Die Brautleute gingen zuvor zu Verwandten und Freunden und luden zu der Feier ein.

Die Kapelle wurde nach dem Zweiten Weltkrieg abgetragen und an der Straße in Klimiec aufgebaut. Sie diente dort als Lagerhaus.
Diese Kapelle stand bei meinem Besuch in Galizien 2001 nicht mehr. Sie war abgerissen und die Reste an Ort und Stelle verbrannt worden. Das letzte Zeugnis der ehemaligen Karlsdorfer Kapelle war ein noch erkennbarer Brandfleck.

An der Straße -etwa Mitte des Ortes- stand links aus Richtung Klimiec kommend ein eisernes Wegkreuz. Es gab ein Vereinshaus und ein jüdisches Geschäft namens Golda. Frau Golda war Witwe oder sie war geschieden. Sie hatte drei Söhne: Schmiedl, Moischer und Sender. Moischer war körperlich sehr behindert. Wahrscheinlich hatte er Kinderlähmung; er saß auf einem flachen Wägelchen und bewegte sich damit geschickt fort.
In den Wiesen rechtsseitig der Straße nach Iwaszkowce befanden sich Quellen „sauren Wassers“. Es waren Mineralquellen, deren Wasser zu Heilzwecken nach Hause getragen wurde. Die Quellen waren bei einem Be-such 2001 schon fast versiegt.

1865 erbauten die Karlsdorfer aus eigenen Mitteln eine Schule, die aber im Ersten Weltkrieg 1914 abbrannte. Danach gab es fast 12 Jahre keinen Unterricht. Erst 1925 wurde vom Staat eine neue Schule erbaut und 1926 fertig gestellt. Sie hatte nur eine Klasse. Obschon es in Karlsdorf nur deutsche Kinder gab, wurden sie haupt-sächlich polnisch unterrichtet.

1913 zählte Karlsdorf 63 Häuser mit 390 deutschen Einwohnern, 1929 nur 270.
Auf dem Höhepunkt der deutsch-polnischen Spannungen wurde Karlsdorf in Kirchenbüchern von 1939 auch polnisch als Karolin bezeichnet.
Karlsdorf existiert heute als eigenständiges Dorf nicht mehr. Es gehört zu Klimiec.
Nach der Aussiedlung 1939/1940 sind die Häuser verfallen oder wurden von den Ukrainern als Brennholz verbraucht. Im Ortskern stehen noch einige deutsche Häuser. Dort wo die Kirche stand, wurde von den Ukrainern ein großes Holzkreuz mit einer Gedenktafel an die Deutschen errichtet. Die Eingangsstufen der Kirche sind noch erhalten.
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Karlsdorf 2009, die restlichen Häuser, die jetzt zu Klimiec gehören

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Karlsdorf 2001
An dieser Stelle stand die deutsche Kirche. Ringsherum befand sich der Friedhof. Die Kirche war von Ukrainern
abgetragen und in Klimiec als Geräteschuppen wieder aufgebaut worden. Eine Steintafel erinnert:
"Auf diesem Gottesacker ruhen die Ahnen der Deutschen, die hier in Karlsdorf von 1836-1939 lebten.
Herr gib ihnen die ewige Ruhe"

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Karlsdorfer Kirche 1992 in Klimiec, einige Jahre später abgebrochen und die Reste verbrannt

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Die Straße von Klimiec nach Karlsdorf, links der Stryj-Fluss

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Karlsdorf 2005

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Karlsdorf 2005, ukrainischer Bauer

Fotos: Wilhelmine Koller, Löchgau