Felizienthal-Forschung

Galizien

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Unbekannt oder vergessen? Galicien im Nordwesten von Spanien? Nein – nicht unser Galizien.
Das Königreich Galizien und Lodomerien ist eine alte Kulturlandschaft in Polen und der heutigen Ukraine. Es erstreckt sich von der ehemaligen schlesischen Grenze in Westpolen über die Karpaten bis zum Bug in der Ukraine. Es hatte eine Fläche von rund 78.500 qkm und vor dem 2. Weltkrieg circa acht Millionen Einwohner.

Es hat seinen Namen von der späteren Hauptstadt Halicz am Dnjestr, die polnisch Galitsch genannt wurde. Galizien entstand infolge der Entwicklung der Handelswege von Skandinavien nach Byzanz und gehörte seit dem 10. Jh. zum Kiewer Reich. Es bildete nach dessen Verfall 1054 ein selbstständiges ruthenisches (ukrainisches) Fürstentum.
Zunächst konnte Kasimir, Herzog von Polen, 1182 den Fürsten Roman Wladimir von Halicz vertreiben und sich des Fürstentums bemächtigen. Wladimir eroberte es 1198 zurück und vereinigte es im gleichen Jahre mit Wolhynien. Nach 1205 erhoben Polen und Ungarn Ansprüche, doch konnten die Fürstentümer ihre Selbstständigkeit bis 1349 bewahren.

Dieses erweiterte Fürstentum wurde von ruthenischen Fürsten regiert, die den Titel „Rex Haliciane“ führten. Fürst Danylo Romanowytsch von Galizien-Wolhynien musste 1258 nach erfolglosen Kämpfen gegen die Tataren deren Oberhoheit anerkennen. Nach seinem Tod 1264 übernahm Sohn Leo I (1264-1301) die Macht. Er verlegte seinen Hauptsitz nach Lemberg. Unter Leo II ging die Karpatenukraine an den ungarischen König Karl Robert von Anjou über. Es erfolgten polnische und ungarische Angriffe auf das Fürstentum, das 1349 an Kasimir III. von Polen fiel. Von 1569-1772 unterstand Galizien als Woiwodschaft Ruthenien der polnisch-litauischen Adelsrepublik.
In seiner Entstehungszeit und seiner jungen Geschichte musste Galizien oftmals die Herrschaft fremder Einflüsse bestehen: mehrere Einfälle der Tataren, Türken, Kosaken, Russen und Walachen, Polen und Ungarn, sogar Schweden bemächtigten sich des kleinen Landes.
In der Zeit zwischen 1287 und 1594 musste alleine Lemberg zwölf Mal mongolische, tatarische und walachische Angriffe abwehren.
1648 begann in der Ukraine eine Aufstandsbewegung gegen den polnischen Adel. Kopf und Führer dieser Befreiungsbewegung war Bohdan Chmelnyckyj (1597-1657).

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Quelle: Mariusz Pazdziora, Wikipedia

Bei der 1. Teilung Polens 1772 fiel Galizien zusammen mit dem kleinpolnischen Gebiet südlich von Weichsel und Wisloka als „Königreich Galizien und Lodomerien“ unter die Herrschaft der Habsburger. Galizien verblieb bis zum Ende des 1. Weltkrieges im Staatsgebiet Österreich-Ungarn.
Nach dem 1. Weltkrieg 1918 entstand der neue Staat Polen. Ihm wurde hauptsächlich der westliche Teil Galiziens zugesprochen. Polen führte jedoch bis 1921 weiter einen siegreichen Krieg gegen die „Westukrainische Volksrepublik“ und verleibte sich auch Ostgalizien ein.
Mit Beginn des 2. Weltkrieges 1939 und dem Überfall auf Polen wurde Westgalizien deutsches Interessengebiet und Ostgalizien östlich des San als Teil der Ukraine der Sowjetunion einverleibt. Seit Kriegsbeginn 1941 gegen die UdSSR dehnte sich nunmehr der deutsche Machtbereich weit nach Russland aus; ganz Galizien stand unter deutscher Besatzung bis 1944 die Rote Armee Galizien eroberte und die deutsche Besatzung immer weiter nach Westen zurück drängte. Die Sowjetunion verleibte sich das Gebiet ein und ihre neue Westgrenze verschob sich fast bis zur polnischen Stadt Przemysl.
Seit Ende des 2. Weltkrieges gehört Westgalizien zur Polen und Ostgalizien, dort wo unsere Vorfahren siedelten, zur ukrainischen Sowjetrepublik, also zu der Sowjetunion.
Die 1945 durch Galizien gezogene Staatsgrenze zwischen Polen und der UdSSR trug den Volkstumsverhältnissen Rechnung. Sie zeigt, dass der östliche ukrainische Teil größer war als das westliche polnische.
Als mit dem Parteivorsitzenden der UdSSR Gorbatschow eine Entspannungsära begann, besannen sich viele Sowjetrepubliken auf ihre Eigenständigkeiten. Die Sowjetunion zerfiel; die Ukraine wurde 1991 mit Ostgalizien ein souveräner Staat.
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